»Haltung gegen Spaltung«
Protest gegen AfD und FPÖ: »Haltung gegen Spaltung«
Bischofswiesen – Kurzfristig hatte Jakob Palm die Demo dann doch noch angemeldet: »Schade, dass wir hier sein müssen«, sagte der Wirt aus Berchtesgaden. An der Bundesstraße 20, gegenüber dem Gasthaus »Brenner Bräu«, fand am Mittwochabend die von ihm initiierte Demonstration gegen eine parallel in der Gaststätte durchgeführte Wahlkampfveranstaltung der AfD und der FPÖ statt. Palms Motto: »Wir sagen Nein zu AfD und FPÖ.«
Die Protestaktion wurde von den Organisationen »Berchtesgaden gegen Rechts«, »Reichenhall gegen Rechts« und den »Queer-Steigern Berchtesgaden« unterstützt. Die Alternative für Deutschland im Berchtesgadener Land hatte kurz vor den Bundestagswahlen im Versammlungssaal des Gasthauses dazu aufgerufen, ein letztes Mal in den Wahlkampf zu gehen. Viele Parteifreunde waren allerdings nicht erschienen. Laut Pressemitteilung der AfD war der Saal jedoch »mit rund 40 Besuchern gut gefüllt«. Die Fenster des Gastraums waren mit einer AfD-Fahne und Wahlplakaten abgeschirmt.
Dass die Demonstranten nicht gerade auf Gegenliebe stießen, wurde spätestens dann klar, als ein Parteimitglied zum Fotografieren stehen blieb und gezielt Aufnahmen der Demo-Teilnehmer machte. Quittiert wurde das mit einigen Buh-Rufen. Ansonsten verlief die Versammlung jedoch friedlich.
Zu Beginn der Demonstration erinnerte Jakob Palm, Mitglied von »Berchtesgaden gegen Rechts«, an die Opfer des Anschlags von Hanau, der sich an diesem Tag zum fünften Mal jährte. Bei dem rassistisch motivierten Attentat waren neun Menschen mit Migrationshintergrund ermordet worden. Palm betonte, dass die Menschen »zur falschen Zeit am falschen Ort« gewesen seien, auch wenn es für sie wohl »zu dieser Zeit der richtige Ort« gewesen war: »Weil sie dort sein wollten, unter Freunden und Bekannten.« Die Anwesenden hielten eine Schweigeminute ab, um der Verstorbenen zu gedenken.
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Palm äußerte Bedauern darüber, dass eine Demonstration gegen rechtsextreme Strömungen notwendig sei. Gleichzeitig hob er hervor, dass es von essenzieller Bedeutung sei, »Haltung gegen Spaltung« zu zeigen. »Faschismus und menschenverachtende Politik dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben«, erklärte er und erhielt dafür breiten Zuspruch von den Demonstrierenden.
Susi Leitinger vom queeren, im österreichischen Unken ansässigen Verein »Heublumen« stellte die Bedrohung heraus, die rechte Parteien für Minderheiten darstellen. Ihr Verein setze sich dafür ein, dass sich queere Menschen auch in ländlichen Regionen sicher fühlen können. »AfD und FPÖ stehen aber für Hass und Hetze. Sie haben in Geflüchteten ihre Sündenböcke gefunden, doch Asylsuchende sind nicht die Ursache der gesellschaftlichen Probleme«, sagte sie.
Sie verwies auf die historische Verantwortung Berchtesgadens und nannte den Obersalzberg sowie die ehemalige Reichskanzlei in Bischofswiesen als Mahnmale. »Die Rechte von Minderheiten stehen auf dem Spiel. Wir dürfen nicht schweigen, wenn Gleichberechtigung gefährdet ist«, warnte sie. Mit einem eindringlichen Vergleich machte sie ihre Haltung deutlich: »Die AfD zu wählen, um das Land zu retten, ist so, als würde man ein Haus anzünden, weil der Wasserhahn tropft.«
Die AfD wollte auf Nachfrage sich nicht weiter zur Demonstration äußern. In einer Pressemitteilung berichtet die AfD allerdings über den »Bürgerdialog« unter dem Motto »Zeit für Heimat«. Teilgenommen haben unter anderen Bundestagskandidat Dr. Christoph Birghan, Kreisrat Wolfgang Koch sowie der jüngste Abgeordnete zum österreichischen Nationalrat, Sebastian Schwaighofer von der FPÖ. In einer »ausführlichen Fragerunde mit den anwesenden Bürgern« sei es unter anderem um Migration, »große Beutegreifer« und Energiepolitik gegangen.
Unter den Demonstrierenden befand sich auch eine Vertreterin der »Omas gegen Rechts«. Daniela Kilian trug ein Schild mit der Aufschrift: »Rote Karte für die AfD« sowie »Omas für Vielfalt, Demokratie, Klimaschutz, Recht auf Asyl und Menschenrechte«. Für sie ist klar: »Ich habe mich mit meinen Freundinnen bewusst dazu entschieden, dass wir auch als Omas auf die Straße gehen können.« Um ein Zeichen für die Zukunft zu setzen.
Die Demonstration wurde von zwei Polizisten aus Berchtesgaden begleitet, verlief jedoch ohne Zwischenfälle. Am Abend löste sich die Versammlung auf, während die Wahlkampfveranstaltung der AfD im Gasthaus fortgesetzt wurde. Zum Abschluss gab es Sprechchöre: »Alle zusammen gegen den Faschismus« und »Nazis auf den Mond, weil da keiner wohnt«. Für Palm ist klar: Mit einer friedlichen Protestaktion erreiche man mehr.
(Kilian Pfeiffer)